Der Fachinformationsdienst für Globalisierung, Nord-Süd-Politik und internationale Ökologie
en

Was suchen Sie?

Green Economy und CSR-Debatte: Grün und fair

Artikel-Nr.: DE20120228-Art.10-2012

Green Economy und CSR-Debatte: Grün und fair

Intelligenter Mix

Vorab im Web – Im Kontext von Unternehmensverantwortung und der viel diskutierten Corporate Social Responsibility (CSR) stellen sich im Jahre 2012 auf UN-, OECD- und auf EU-Ebene neue und große Herausforderungen. Cornelia Heydenreich und Klaus Milke verknüpfen das zentrale Thema des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung in Rio („Rio+20“), die Grüne Ökonomie, mit der CSR-Debatte: Die Green Economy muss grün und fair sein.

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte vom Juni 2011 (s. W&E 03-04/2011) und die CSR-Mitteilung der EU-Kommission vom Oktober 2011 (KOM(2011) 681) gehen von den Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns von Unternehmen aus und ermutigen zu einer Suche nach einem intelligenten Mix von Freiwilligkeit und verbindlichen Regeln. Auch die ebenfalls 2011 fortgeschriebenen OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen stellen hierfür einen wichtigen Referenzrahmen dar.

* Verbindliche Instrumente und freiwillige Ansätze

Die in Vorbereitung auf die diesjährige Rio-Konferenz diskutierte „Green Economy“ muss grün und fair sein. Das im Report des UN-Entwicklungsprogramms „Towards a Green Economy“ (s. W&E-Hintergrund März 2012; i.E.) ist ohne verantwortliches unternehmerisches Handeln nicht denkbar. Denn es kann nicht gewollt sein, dass beim Rohstoffabbau für grüne Technologien Kinderarbeit zum Einsatz kommt oder lokale Bevölkerungsgruppen ohne angemessene Kompensation umgesiedelt oder gar vertrieben werden. Umgekehrt spielt es natürlich auch eine Rolle, „was hinten herauskommt“: Auch Streubomben aus recycelten Metallen sind nicht nachhaltig.

Grundlegendes Ziel muss sein, dass Unternehmen bei ihren weltweiten Aktivitäten die Menschenrechte sowie grundlegende international vereinbarte sowie national verankerte soziale und ökologische Standards einhalten. Für den Fall unternehmerischen Fehlverhaltens sollen Betroffene für erlittenes Unrecht eine angemessene Entschädigung erhalten. Dazu bedarf es für diese eines ausreichenden nicht-juristischen und/oder juristischen Rechtszugangs sowie Sanktionsmöglichkeiten gegen die Unternehmen, die Schäden verursacht haben.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss ein politisches Rahmenwerk aus verbindlichen Instrumenten und freiwilligen Ansätzen in einem „intelligenten Mix“ geschaffen werden. Die neuen UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten aus dem Jahr 2011 wie auch die überarbeiteten Leitsätze der OECD zu Multinationalen Unternehmen sind bei allen noch existierenden Verbesserungsnotwendigkeiten doch Instrumente, die eine völkerrechtliche Anerkennung der Tatsache zum Ausdruck bringen, dass Staaten unternehmerisches Handeln angemessen regulieren und überwachen müssen, dass aber auch Unternehmen selbst die Verantwortlichkeit haben, mit größtmöglicher Sorgfalt sicherzustellen, dass ihr Handeln nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen kann.

* Hausaufgaben für den Exportweltmeister

In diesen Prozessen ist Deutschland als großer und gewichtiger Player besonders gefragt, weil das „Made in Germany“ im Weltmaßstab, aber auch in der EU eine überaus große Rolle spielt. Ein Exportweltmeister muss an „guten“ Spielregeln in der internationalen Arbeitsteilung ein essentielles Interesse haben. Die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft tun gut daran, zusammen mit der deutschen Zivilgesellschaft nun in eine offene Debatte zu treten. Hier sind das in Sachen CSR federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Ministerin von der Leyen in besonderer Weise gefordert, und die Regierung sollte auch das deutsche CSR-Forum als wirkliches Beratungsgremium nutzen.

Folgendes ist nun zu tun:

* UN-Leitprinzipien umsetzen: Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und der Dreischritt von Protect-Respect-Remedy mit seinem intelligenten Mix aus Freiwilligkeit und Verbindlichkeit sollte von der Bundesregierung in Konsultation mit den relevanten Stakeholdern zu einen ambitionierten nationalen Plan für die Umsetzung der UN-Leitprinzipien entwickelt werden, wie dies die EU-Kommission auch in ihrer CSR-Mitteilung fordert. Vorschläge und Orientierungen für mögliche und notwendige Politikmaßnahmen bietet einerseits eine Auftragsstudie der Universität Edinburgh aus dem Jahre 2010 für die EU-Kommission sowie die Konferenzdokumentation „Alles was Recht ist. Menschen – Staaten – Unternehmen“ vom November 2011 (s. Hinweise).

* Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze umstrukturieren:
Die OECD-Leitsätze sind aktuell eines der weitreichendsten Instrumente für Unternehmensverantwortung und umfassen ein breites Themenspektrum, das viele der Minimalanforderungen an Unternehmen im Sinne einer „Green and Fair Economy“ einschließt. Die Leitsätze sind besonders interessant aufgrund ihres Umsetzungsverfahrens über die Nationalen Kontaktstellen. In Deutschland ist die Kontaktstelle bislang im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in dem Referat angesiedelt, das auch für die Außenwirtschaftsförderung zuständig ist. Die Bundesregierung sollte diesen potenziellen Interessenkonflikt endlich aufheben und die deutsche Kontaktstelle umstrukturieren.

* Nationale CSR-Strategie überarbeiten: Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung „Eine neue EU-Strategie für die soziale Verantwortung von Unternehmen“ vom 25. Oktober 2011 (KOM(2011) 681) anerkannt, dass es bei CSR um „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ gehen muss und dass eine „intelligente Kombination aus freiwilligen Maßnahmen und nötigenfalls ergänzenden Vorschriften“ erforderlich ist. Die Kommission hat mit ihrer CSR-Mitteilung alle Mitgliedsstaaten aufgefordert, im Jahr 2012 ihre nationalen CSR-Strategien entsprechend zu überarbeiten sowie einen Arbeitsplan zur nationalen Umsetzung der UN-Leitprinzipien vorzulegen. Die Bundesregierung sollte nun gemeinsam mit den Mitgliedern des CSR-Forums die bislang allein auf Freiwilligkeit ausgerichtete CSR-Strategie dahingehend überarbeiten, dass der Begriff „Gesellschaftliche Unternehmensverantwortung“ künftig die Verantwortung für die Auswirkungen unternehmerischer Aktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft meint, und den Aktionsplan der Bundesregierung um Maßnahmen ergänzen, die auch verpflichtende Vorschriften als Handlungsoption berücksichtigt.

* Durch Berichtspflichten Transparenz schaffen: Deutsches Recht fordert bislang nur sehr eingeschränkt Einsicht in die Geschäftspraktiken von Unternehmen, die Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Unternehmen sollten gesetzlich dazu verpflichtet werden, u.a. über Themen wie Arbeiternehmer- und Menschenrechte, Korruption, Umwelt- und Klimaschutz, Steuerzahlungen sowie Lobbyaktivitäten bei sich und ihren Lieferanten in einer vergleichbaren Form zu berichten. Sie sollten mögliche negative Auswirkungen ihrer globalen Geschäftstätigkeit transparent analysieren und im Folgenden Schritte unternehmen, die negativen Auswirkungen zu minimieren und letztlich zu verhindern sowie die positiven Auswirkungen zu verstärken. Die Bundesregierung sollte deshalb die aktuellen Bemühungen der EU-Kommission um eine verbindliche Offenlegungspflicht im Rahmen der Reform der EU-Modernisierungsrichtlinie (2003/51/EG) unterstützen. In Deutschland muss es dann zu einer weitreichenden Umsetzung kommen.

Klaus Milke ist Vorsitzender von Germanwatch und Mitherausgeber von W&E. Cornelia Heydenreich leitet den Bereich Unternehmensverantwortung bei Germanwatch.

Hinweise:
* Daniel Augenstein, Study of the Legal Framework on Human Rights and the Environment Applicable to European Enterprises Operating Outside the European Union, University of Edinburgh, Oct 2010. Bezug: >>> hier.
* Germanwatch/Friedrich-Ebert-Stiftung/Misereor/European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)/Forum Menschenrechte/CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Alles was Recht ist. Menschen – Staaten – Unternehmen, Konferenzdokumentation, 21./22.11.2011. Bezug: >>> hier.

Veröffentlicht: 28.2.2012

Empfohlene Zitierweise: Cornelia Heydenreich/Klaus Milke, Green Economy und CSR-Debatte: Grün und fair, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Luxemburg, 21. Februar 2012 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)

© Dieser Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Die Vervielfältigung von Informationen oder Daten, insbesondere die Verwendung von Texten, Textteilen oder Bildmaterial bedarf der vorherigen Zustimmung der W&E-Redaktion.