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10 Jahre UN-Resolution Frauen, Frieden, Sicherheit

Artikel-Nr.: DE20101025-Art.57-2010

10 Jahre UN-Resolution Frauen, Frieden, Sicherheit

Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten

Nur im Web – Am 31. Oktober jährt sich die Verabschiedung der Resolution des UN-Sicherheitsrats 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit zum zehnten Mal. Die Resolution gilt als ein Wendepunkt in der Geschichte der internationalen Frauenrechte. Zum ersten Mal wurden in einer UN-Resolution die Folgen des Krieges für Frauen thematisiert. Eine Bilanz nach 10 Jahren von Carla September.

In der für alle UNO-Mitgliedsstaaten bindenden Resolution 1325 erkennt der Sicherheitsrat an, dass ein Verständnis für die Folgen bewaffneter Konflikten für Frauen und Mädchen, wirksame institutionelle Maßnahmen zu ihrem Schutz und ihre volle Teilnahme bei Friedensprozessen in erheblichem Maß dazu beitragen können, Frieden und Sicherheit zu wahren und zu fördern. Die Resolution macht auf die schwerwiegenden Folgen aufmerksam, mit denen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konfliktsituationen leben müssen. Sie stattet Frauen aber auch mit einer legitimen Grundlage aus, aufgrund derer sie ihre Regierungen und die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auffordern können.

Die Rolle von Frauen zur Förderung von Frieden und Sicherheit ist seither fester Bestandteil der Beratungen des Sicherheitsrates. Der Rat hat weitere Resolutionen verabschiedet, so zur sexualisierten Kriegsgewalt (1820/2008 und 1888/2009) und zur schnelleren Umsetzung der Resolution 1325 (1889/2009).

Die wichtigsten Punkte der Resolution 1325 von 2000 betreffen:
* die verstärkte Teilhabe und Vertretung von Frauen auf allen Entscheidungsebenen;
* den besonderer Schutz von Frauen und Mädchen in Konfliktsituationen;
* die Geschlechterperspektive beim Wiederaufbau in Nachkriegssituationen;
* die Integration der Geschlechterperspektive in alle UNO-Programme und Sicherheitsratsmissionen; und
* Trainingsmaßnahmen zur Sensibilisierung in Geschlechterfragen in allen UNO-Friedensaktivitäten.

Verantwortlich für die Umsetzung der Resolution 1325 sind der UN-Sicherheitsrat, die UNO-Mitgliedsstaaten, der UN-Generalsekretär und das gesamte UNO-System sowie die beteiligten Konfliktparteien.

* Die Situation zehn Jahre danach

Die Resolution 1325 des Sicherheitsrats hat einen wichtigen Beitrag zum Wandel geleistet. Die UN-Blauhelmmissionen haben sich nach der Resolution 1325 stark verändert. Frauen arbeiten in allen Bereichen der Friedensmissionen mit. Gleichstellungsfragen werden bei allen Aspekten beachtet – bei Verhandlungen, Entscheidungsprozessen, der Reform des Sicherheitsbereichs, Minenräumung und der Rechtsprechung.

Durch die Annahme der Resolution vor zehn Jahren wurden zahlreiche Aktivitäten zum Thema Frauen, Frieden und Sicherheit durch den Sicherheitsrat, die UNO-Mitgliedsstaaten, die Zivilgesellschaft und das UN-System ausgelöst. Die Aktivitäten des UN-Systems beinhalten die Registrierung von Wählerinnen und die Aufstellung von Kandidatinnen in Afghanistan, Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Haiti, Liberia, Nepal, Irak und Ost-Timor; die Hilfe für den Aufbau staatlicher Büros, die Frauenrechte im Kosovo fördern; den Aufbau eines UN-Netzwerks gegen sexuelle Gewalt sowie die Unterstützung geschlechtsspezifischer Verfassungsreformen in Afghanistan und Burundi.

Die Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Organisationen nahmen in den letzten zehn Jahren ebenfalls zu. Ein Beispiel ist das Women in Peace-building Network, das die Teilnahme von Frauen im liberianischen Friedensprozess 2003 gefördert hat und seitdem die aktive Beteiligung von Frauen in politischen Prozessen und bei der Abrüstung unterstützt.

Unter den vielen Aktionen, die von den Mitgliedsstaaten unternommen wurden, war die Entwicklung nationaler Aktionspläne für die Umsetzung der Resolution 1325 ein wichtiger Beitrag – eine Schlüsselstrategie, um einzelstaatliche Verpflichtungen im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit zu erreichen. Einzelne Aktivitäten konnten Impulse setzen, aber es mangelt an Zusammenhang, konsequenter Durchführung und Überprüfung. Die Wirksamkeit dieser Aktionen bleibt unzureichend und ihre tatsächlichen Ergebnisse sind schwierig zu quantifizieren.

Insgesamt bleiben die Bedingungen besorgniserregend, denen Frauen und Mädchen in bewaffneten Konflikten ausgesetzt sind. Ein jüngstes Beispiel, wie sehr die Menschenrechte von Frauen und Mädchen verletzt werden, war die Vergewaltigung von mehr als 200 Frauen und Mädchen in der Demokratischen Republik Kongo im Juli 2010. Der Sicherheitsrat verurteilt sexuelle Gewalttaten zwar, verhängt jedoch keine schärfen Maßnahmen wie Sanktionen.

Bei einem Treffen auf Ministerebene zum Thema Frauen, Frieden und Sicherheit im September 2010 sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon: „Wir machen zu wenige Fortschritte. Die internationale Gemeinschaft scheitert noch immer daran, die zu schützen, die am meisten gefährdet sind.“

* Gravierende Mängel der Umsetzung

Frauen werden weiter von Friedensgesprächen, der Friedenskonsolidierung und Abrüstungsprozessen ausgeschlossen oder sind stark unterrepräsentiert. Bei offiziellen Delegationen betrug der Anteil von Frauen seit 1992 7,1%. Bei den Unterzeichnern von Friedensabkommen betrug der Anteil 2,1%. Bis heute sind nur sehr wenige Frauen als Vermittlerinnen tätig.

Frauen und Mädchen leiden weiter unter Diskriminierung und geschlechtsspezifischer Gewalt. Dazu gehört auch dauerhafte sexuelle Belästigung in bewaffneten Konflikten. Von weit verbreiteten und systematischen Vergewaltigungen als Kriegstaktik sind bis heute Millionen Menschen betroffen. Noch immer werden viele Täter nicht zur Rechenschaft gezogen.

Die Zahl ziviler Mitarbeiterinnen in den UNO-Blauhelmmissionen liegt bei 30%. Im militärischen Bereich ist der Fortschritt deutlich geringer. Trotz neuer Maßnahmen, einschließlich der Aufstellung rein weiblicher Polizeikontingente, liegt der Frauenanteil im militärischen Bereich bei weniger als 3%, im Polizeibereich bei 8%.

Von insgesamt 27 Blauhelmmissionen, politischen Missionen und Büros zur Friedenskonsolidierung werden nur fünf von Frauen geleitet. In weiteren fünf gibt es stellvertretende Leiterinnen. Dies ist aber im Vergleich zu den Vorjahren ein großer Zuwachs.

Noch immer gibt es nicht genug Geld, um den Bedürfnissen von Frauen nach Konflikten gerecht zu werden. Obwohl die Zahl der nationalen Aktionspläne der Mitgliedsstaaten für die Umsetzung der Resolution 1325 zugenommen hat, haben bis zum 19. September 2010 nur 19 Staaten einen solchen Plan auch verabschiedet. Fehlendes Geld ist das größte Hindernis, um diese Pläne zu realisieren.

* Die nächsten Schritte

Der zehnte Jahrestag der Resolution 1325 bietet die Gelegenheit, mehr zu tun um Frauen- und Sicherheitsthemen zu stärken. Wichtige Maßnahmen sind:

* größere personelle und finanzielle Ressourcen für UN-Programme, die in diesem Bereich tätig sind;
* ein neuer Rahmen, um die Anstrengungen des UNO-Systems besser koordinieren zu können und um konkrete Ziele für die nächsten zehn Jahre setzen zu können;
* eine Strategie, damit Frauen in Friedensprozesse stärker eingebunden werden – bei Verhandlungen, Regierungsführung und Wiederaufbau;
* ein klares System, um Fortschritte messen zu können und den Mangel an genauen Daten zu beheben;
* der Sicherheitsrat muss beim Thema Frauen in Konflikten systematischer handeln, mehr Informationen erhalten und diese analysieren können. Er muss sich regelmäßig mit Frauenorganisationen und Überlebenden bewaffneter Konflikte beraten;
* die Annahme nationaler Aktionspläne der Mitgliedsstaaten muss angemessen finanziert werden;
* Verantwortliche der Verletzungen der Menschenrechte von Frauen und Mädchen in Konfliktsituationen – einschließlich derjenigen, die solche Taten befehlen – müssen im Einklang mit nationalem Recht, dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen werden.

Veröffentlicht: 25.10.2010

Empfohlene Zitierweise: Carla September, 10 Jahre UN-Resolution Frauen, Frieden, Sicherheit, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Luxemburg, 25. Oktober 2010 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org).