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Globale Währungspolitik: Vorschlag für die G20

Artikel-Nr.: DE20110405-Art.20-2011

Globale Währungspolitik: Vorschlag für die G20

Statement der Gruppe von Peking*)

Nur im Web - Im März 2011 diskutierten Wissenschaftler und Politiker auf einem Treffen in Peking, das die Initiative for Policy Dialogue der Columbia University und die chinesische Zentraluniversität für Finanzen und Wirtschaft organisiert hatten, wie das internationale Währungssystem reformiert werden könnte. Selbst wenn das System die jüngsten Ungleichgewichte und die Instabilität in der globalen Ökonomie nicht verursacht haben sollte, so die Schlussfolgerung, erwies es sich doch als ineffektiv, sie zu bearbeiten.

Natürlich wird die Reform ausführliche Diskussionen und Verhandlungen erfordern. Doch in Peking bestand Konsens darüber, dass die G20 in diesem Jahr einen bescheidenen Vorschlag annehmen sollten: eine begrenzte Ausweitung des gegenwärtig beim Internationalen Währungsfonds angesiedelten Systems der Sonderziehungsrechte (SZR). Dieser in seiner Reichweite begrenzte Vorschlag könnte eine wichtige Rolle bei der Initiierung tiefgreifender Reformen spielen und zugleich dabei helfen, die fragile Weltwirtschaft zu gesunden und das in der G20-Deklaration von Pittsburgh verankerte Ziel, nämlich starkes, nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum, zu erreichen.

* Aufwertung der Sonderziehungsrechte

Wir schlagen vor, die Rolle der SZR durch eine Neuausgabe und durch ihre zunehmende Verwendung im Rahmen der IWF-Kreditvergabe auszuweiten. Dies würde auf der aufgeklärten Entscheidung des Londoner G20-Gipfels im April 2009 aufbauen: Dort wurde die Neuausgabe von SZR im Wert von 250 Mrd. US-Dollar beschlossen und dies dann auch schnell umgesetzt. Die G20 könnten vorschlagen, dass der IWF über die nächsten drei Jahre eine signifikante Menge von SZR ausgibt. Wir würden z.B. eine Neuausgabe von 150-250 Mrd. SZR pro Jahr vorschlagen (also nach den gegenwärtigen Wechselkursen nahezu 240-390 Mrd. Dollar).

Diese Maßnahme hätte mehrere positive Effekte. Erstens würde sie die rezessive Grundtendenz in der Weltwirtschaft reduzieren, vor allem in der Krise und danach. Viele Länder akkumulieren zur Vorsicht immer noch hohe Währungsreserven, vor allem um künftige Krisen zu vermeiden, die aus einer plötzlichen Umkehrung ihrer Kapital- und Handelsbilanz entstehen könnten. Die jüngsten Finanzkrisen haben die Länder gelehrt, dass diejenigen mit hohen Reserven besser in der Lage sind, in den Wechselfällen der internationalen Finanzmärkte zu bestehen.

* Beitrag zur Reduzierung der globalen Ungleichgewichte

Während eine solche Reserveakkumulation dabei hilft, die Länder zu schützen, kann sie in bestimmten Zeiten auch die globale Nachfrage reduzieren. Angesichts ihrer relativ geringen Höhe würde die jährliche Ausgabe von SZR diese Unzulänglichkeiten nur teilweise beheben, aber dennoch helfen, die globale Erholung zu stützen und zu beschleunigen, ohne einen inflationären Druck zu verursachen. Darüber hinaus würde eine gewisse Reduzierung der globalen Ungleichgewichte erleichtert werden, wenn die Notwendigkeit für die Länder nicht mehr so stark wäre, Reservefonds aufzubauen.

Idealerweise würde die SZR-Ausgabe von weiteren Maßnahmen begleitet, um ihre Effektivität zu erhöhen. Beispielsweise könnten nicht benötigte SZR von Ländern als „Einlagen“ beim IWF gehalten werden, die der Fonds dann nutzt, um Kreditprogramme zu finanzieren. Dies sollte als erster Schritt hin auf die Integration der „Allgemeinen Fonds-Ressourcen“ und der SZR in ein einziges IWF-Konto und zur Anhebung der Rolle der SZR in den IWF-Transaktionen verstanden werden, so dass diese schließlich zum Haupt- oder sogar zum einzigen Mechanismus der IWF-Finanzierung werden. Während einer ausgesprochenen Krise sollte die IWF-Kreditvergabe vollständig durch die Neuausgabe von SZR in unbegrenzter Höhe finanziert werden.

* Den Weg zu weitreichenderen Reformen ebnen

Man könnte eine Arbeitsgruppe einsetzen, um andere Reformen zu studieren, die die globale Finanzstabilität weiter fördern und auch andere globale wirtschaftliche und finanzielle Ziele angehen würden. Zum Beispiel könnten alternative Systeme der SZR-Allokation, bei denen ein höherer Anteil an SZR an Länder mit einem größeren Reservebedarf vergeben würde (vor allem an Entwicklungsländer), zu globaler Stabilität und Wachstum beitragen. Ein Vorteil dieses bescheidenen Vorschlags besteht darin, dass er nicht die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu breiteren Reformen – etwa neue Verteilungsformeln für SZR – präjudizieren würde. Die Ausgabe zusätzlicher SZR zur globalen Stabilisierung heute würde auch die existierenden Währungsarrangements nicht grundlegend verändern.

Wir regen an, dass dieser Vorschlag auf den kommenden Treffen der G20 diskutiert wird. Die G20 haben ihre Effektivität in der Reaktion auf die 2008 ausgebrochene Krise unter Beweis gestellt. Die Frage lautet heute, ob die G20 – angesichts der Tatsache, dass die Krise hinter uns liegt und die Umstände und Perspektiven der Länder wieder stärker auseinander klaffen – die Führungsrolle, die die Welt angesichts anhaltender kritischer Probleme braucht, demonstrieren kann. Könnte sie sich nicht zu konkretem Handeln aufraffen, würde das zu Ernüchterung führen. Unser Vorschlag würde die Führungsrolle der G20 erneut bekräftigen, indem er mehr Stabilität und anhaltendes Wachstum in der Weltwirtschaft sichert.

* Die Gruppe von Peking:
Jean-Paul Fitoussi, Sciences Po and Luiss University; Haihong Gao, Chinese Academy of Social Sciences; Stephany Griffith-Jones, Initiative for Policy Dialogue, Columbia University; Yiping Huang, Peking University; Peter Kenen, Princeton University; Jing Li, Capital University of Economics and Trade, Beijing; José Antonio Ocampo, Columbia University, Former Finance Minister of Colombia; Yaga Venugopal Reddy, Former Governor, Reserve Bank of India; Joseph Stiglitz, Nobel Prize in Economics (2001), Columbia University; Ulrich Volz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik; Robert Wade, London School of Economics; Benhua Wei, Former China Director of IMF, Deputy Governor of SAFE; John Williamson, Peterson Institute for International Economics, Washington D.C.; Wing Thye Woo, University of California at Davis; Geng Xiao, Director, Columbia Global Center for East Asia; Yu Yongding, Chinese Academy of Social Sciences; Liqing Zhang, Dean, School of Finance, Central University of Economics and Finance; Andong Zhu, Tsinghua University.

Veröffentlicht: 5.4.2011

Empfohlene Zitierweise: Statement der Gruppe von Peking, Globale Währungspolitik: Vorschlag für die G20, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Luxemburg, 5.4.2011 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org).