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Ergebnisorientierung in der Entwicklungshilfe

Artikel-Nr.: DE20121024-Art.54-2012

Ergebnisorientierung in der Entwicklungshilfe

Ein Weg zu mehr Wirksamkeit?

Vorab im Web - Öffentlich-politischer Druck und die Notwendigkeit, die Hilfe wirksamer zu machen, um der globalen Armutskrise zu begegnen, haben ein neues Mantra hervorgebracht: Ergebnisorientierung. Viele Geber, darunter die deutsche Bundesregierung, drängen darauf, die Hilfe zur Belohnung vorab definierter Leistungsziele zu nutzen. Javier Pereira und Carlos Villota haben den Trend zu mehr Ergebnisorientierung in der Entwicklungszusammenarbeit untersucht.

Obwohl der Trend noch jung ist, durchbrachen die gesamten Auszahlungen im Rahmen ergebnisorientierter Ansätze 2010 die 5-Milliarden-Grenze. Ergebnisorientierte Ansätze knüpfen einen Teil oder die gesamte Finanzierung an den Nachweis von Fortschritten. Den Gebern gefällt dies, weil es ihnen gestattet, auf die spürbaren Ergebnisse von Hilfsausgaben zu verweisen, und die Befürworter argumentieren obendrein, dass dies zu mehr Wirksamkeit der Hilfe führe. Doch ist das der Fall?

* Ergebnisorientierung und Wirksamkeitskriterien

In dem Eurodad-Bericht (s. Hinweis) wird das Potential ergebnisorientierter Ansätze zur Erzielung langfristiger und nachhaltiger Resultate eingeschätzt, indem die Leistungen verschiedener Initiativen an den weithin akzeptierten Prinzipien der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit gemessen werden. Diese auf vier hochrangigen Treffen von allen Gebern entwickelten und beschlossenen Prinzipien waren eine Antwort auf das Scheitern projektbasierter Ansätze, die die Transaktionskosten steigerten, aber nachhaltige Wirkungen in den Nehmerländern verfehlten und oft zusammenbrachen, wenn die Geldgeber weiterzogen. Sie waren ein wichtiger Versuch, von der gebergeleiteten Hilfe mit ihrer Intention, die Außenpolitik der Geber zu fördern statt sich auf die Armutsreduzierung zu konzentrieren, wegzukommen.

Eurodad untersuchte die folgenden sechs wichtigen, ergebnisorientierten Initiativen und bewertete ihre Leistungsfähigkeit an Hand der vier international beschlossenen Wirksamkeitsprinzipien der Hilfe: Ownership, Verantwortlichkeit und gegenseitige Rechenschaftspflicht, Geberharmonisierung sowie Nutzung von Ländersystemen bzw. der Verwaltungen der Nehmerländer. Untersucht wurde auch, ob sie eine ‚breite‘ oder ‚kurze‘ Reichweite aufweisen, gemessen daran, wie spezifisch die Ziele sind, auf welcher Ebene die Finanzierung ansetzt (von der lokalen bis zur nationalen) und wie flexibel der Empfänger das Geld nutzen kann.

Die sechs Initiativen waren:
* der MDG-Vertrag der Europäischen Kommission (MDG-C);
* die GAVI-Allianz zur Stärkung der Gesundheitssysteme und der Impfleistungen (dabei wurden die beiden Zweige der GAVI-Allianz ISS und HSS zusammen bewertet);
* die Programme der Millennium Challenge Corporation (MCC);
* der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malarie (GFATM); und
* die Globale Partnerschaft für Output-basierte Hilfe (GPOBA).

* Keine eindeutigen Ergebnisse

Wir haben die Ergebnisse nach den Farben einer Ampel den vier Wirksamkeitsprinzipen zugeordnet. Dabei bedeutet Grün sehr gut, Orange durchschnittlich und Rot niedrig:


Die Hauptergebnisse lassen sich so zusammenfassen:
* Im Allgemeinen sind die ergebnisorientierten Ansätze in Bezug auf die Unterstützung der Wirksamkeitsprinzipien nicht besonders gut – mit Ausnahme des MDG-C. Indessen erscheinen die breiter angelegten Ansätze den Wirksamkeitsprinzipien eher zu entsprechen.
* Die Ownership fällt in der Regel höher aus, wenn die Verantwortung für die Entwicklung der Programme bei den Empfängerregierungen liegt. Das bedeutet nicht, dass gebergeleitete Programme wie die MCC keinen signifikanten Grad von Ownership erreichen können, aber die Ergebnisse sind wahrscheinlich weniger konsistent, mit höheren Kosten verbunden und auch mit erheblichen Kosten für die Gastregierungen und die Zivilgesellschaft verbunden.
* Ergebnisorientierte Ansätze tendieren dazu, die Verantwortlichkeit der Geber zu verstärken und so die gegenseitige Rechenschaftspflicht zu unterminieren. Im Allgemeinen ist dieses Problem weniger akut bei landesweiten Initiativen und am stärksten, wenn mit Dritten (Dienstleistern) gearbeitet wird.
* Das Niveau der Geberharmonierung ergebnisorientierter Ansätze ist niedrig, weil diese weithin Parallelstrukturen nutzen. Geberharmonierung scheint besser zu funktionieren, je breiter der Ansatz ist, wobei der MDG-C am besten abschnitt.
* Nur zwei der in der Studie untersuchten Ansätze nutzen Ländersysteme in signifikantem Ausmaß: MDG-C und GAVI. Doch selbst in diesen Fällen gibt es signifikante Auswahl- und öffentlich-finanzielle Managementkriterien, die den Typus von Ländersystem, den die Empfängerländer nutzen können, beeinflussen und begrenzen.

* Vorsicht geboten!

Über die Beziehung zwischen ergebnisorientierten Ansätzen und der Wirksamkeitsagenda hinaus liefert das Eurodad-Papier einige wichtige Lehren in anderen Bereichen. Erstens ist die Entwicklung guter Indikatoren sehr schwierig, doch etwas leichter, je kürzer die Reichweite ist. Zweitens ist die Information über gegenläufige Anreize und Risiken sehr begrenzt. Schließlich können ergebnisorientierte Ansätze aufgrund der Bedeutung starker Monitoring- und Verifikationsmechanismen sehr teuer sein. Dies ist besonders bei Ansätzen kürzerer Reichweite der Fall, in denen mehrere Miko-Outputs gemessen werden müssen.

Zu diesen Problemen kommt hinzu: Eine unserer wichtigsten Erkenntnisse besteht darin, dass wir nicht sehr viel wissen über die Stärken, Schwächen und Konsequenzen der verschiedenen ergebnisorientierten Ansätze. Deshalb scheint es vernünftig, ergebnisorientierte Ansätze mit einem gewissen Grad an Vorsicht zu nutzen.

Eurodad schlägt nicht vor, dass die Geber Pilotvorhaben dieses Typs stoppen sollten; vielmehr sollten sie sicherstellen, dass die Wirksamkeitskriterien als zentraler Referenzrahmen genutzt und folgende Empfehlungen berücksichtigt werden:

* Empfehlungen

* Es sollten keine ergebnisorientierten Ansätze verwendet werden, wenn diese nicht den Wünschen der Empfängerregierungen und der konsultierten Zivilgesellschaft und Parlamente entsprechen und mit den Wirksamkeitsprinzipien nicht übereinstimmen. Breiter gefassten Ansätzen sollten gegenüber denjenigen von kurzer Reichweite Vorrang eingeräumt werden.

* Bereits existierende Ansätze sollten reformiert werden, wobei folgenden Fragen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Das gilt ebenso für die Entwicklung neuer Programme:
- Verstärkung der Ownership, indem den Regierungen gestattet wird, die Führung bei der Entwicklung und Koordination einzelner Maßnahmen in Konsultation mit der Zivilgesellschaft und den Parlamenten zu übernehmen. Wenn das nicht möglich ist, sollten die Geber darauf achten, dass demokratische Prozesse und Ländersysteme nicht unterminiert werden.
- Gewährleistung, dass Auswahlkriterien und Abrechnungsbedingungen nicht auf kontroversen Annahmen beruhen, wie dies bei der MCC der Fall ist.
- Verstärkung von Transparenz, (heimischer und gegenseitiger) Rechenschaftspflicht und Geberharmonierung, indem Koordinations- und Monitoringstrukturen unter das Dach des betreffenden Landes und seiner Multistakeholder-Prozesse gestellt werden.
- Stärkung der Vorhersagbarkeit und Nachhaltigkeit von Programmen, indem diese mit genügend zeitlichem Spielraum zwischen Fortschrittsbewertung und Auszahlung entwickelt werden. Interventionen (der Geber) sollten keine Abhängigkeit von Belohnungen schaffen.
- Nutzung von Indikatoren, die den aktuellen Stand der intendierten Ergebnisse wiedergeben und keine gegenläufigen Anreize schaffen.
- Nutzung von Ländersystemen als entscheidende Ebene für alle öffentlich-finanziellen Management- und Vergabeprozeduren. Wenn dies nicht möglich ist, sollten die Geber ihre Anstrengungen auf die Unterstützung und Stärkung der Systeme der Empfängerländer konzentrieren statt Parallelsysteme zu nutzen.
- Bevor ein ergebnisorientierter Ansatz eingeführt wird, sollte eine Wirksamkeitsprüfung der Hilfe durchgeführt werden. Diese Prüfung sollte sich auch auf die langfristige Nachhaltigkeit beziehen, auf experimentelle Initiativen angewendet werden und öffentlich zugänglich gemacht werden.
- Wissenslücken sollten aktiv identifiziert und mit verlässlichen und konsistenten Daten gefüllt werden. Diese Arbeit sollte sich, wenn auch nicht ausschließlich, auf die Entwicklung von Indikatoren, die Aufdeckung gegenläufiger Anreize, Kosten, die Verwundbarkeit von Empfängern und Begünstigten sowie auf die komparative Leistungsfähigkeit ergebnisorientierter Ansätze im Vergleich zu anderen Arten und Modalitäten der Hilfe beziehen.

Hinweis:
* Javier Pereira/Carlos Villota: Hitting the target? Evaluating the effectiveness of results-based approaches to aid, 32 pp, Eurodad: Brussels, September 2012. Bezug: über www.eurodad.org. Der vorliegende Artikel basiert auf dem Executive Summary der Studie.
Veröffentlicht: 24.10.2012

Empfohlene Zitierweise:
Javier Pereira/Carlos Villota, Ergebnisorientierung in der Entwicklungshilfe: Ein Weg zu mehr Wirksamkeit?, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Luxemburg, 24. Oktober 2012 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)

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