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Ein neuer Baustein in der Front der BRICS

Artikel-Nr.: DE20130320-Art.15-2013

Ein neuer Baustein in der Front der BRICS

Die Entwicklungsbank des Südens

Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) haben sich von einer zufälligen Abkürzung, die der Chefökonom von Goldman Sachs, Jim O’Neill, erfunden hat, zu einer ernst zu nehmenden Plattform von Staaten des Südens gemausert. Ihr 5. Gipfel am 26./27. März 2013 in Durban/Südafrika wird dies erneut deutlich machen. Ausdruck dieses neuen Selbstbewusstseins ist auch die dort geplante Gründung einer BRICS-Entwicklungsbank. John Fraser hat Stimmen zu der neuen Bank des Südens zusammengetragen.

„Es gibt keinen Zweifel, dass die BRICS-Entwicklungsbank eine willkommene Entwicklung darstellt“, sagt Sandile Zungu, der Sekretär des südafrikanischen Black Business Council. Die Notwendigkeit einer solchen Bank ist ziemlich offensichtlich, wenn man auf den wachsenden Handel zwischen den BRICS-Ländern schaut und die Frustrationen, die diese Länder mit den existierenden Institutionen der Entwicklungsfinanzierung, wie Weltbank und IWF, hatten.“ Zungu verweist insbesondere auf den bürokratischen Aufwand, die Kreditkriterien, die an die Kredite geknüpften Konditionen und die langsamen Bewilligungsprozeduren.

* Schwerpunkt Infrastrukturfinanzierung

„Dann gibt es da den Umstand, dass diese Länder einen massiven Infrastrukturbedarf haben, der umso mehr Grund dafür ist, eine solche Bank zu schaffen – der Bedarf ist da“, sagt er. Infrastrukturfinanzierung innerhalb der BRICS wird in der Tat das Hauptaugenmerk der Bank sein, zusammen mit alternativen Finanzierungsmodellen für solche Projekte – so Hannah Edinger, die Chefin der Forschungs- und Strategieabteilung bei der auf aufstrebende Märkte spezialisierten Consulting Frontier Advisory.

Der südafrikanische Finanzminister Pravin Gordhan erklärte im Vorfeld des BRICS-Gipfels vor dem Parlament, das mit der Errichtung der Bank die „Mobilisierung heimischer Ersparnissen angestrebt“ ist, um solche Infrastrukturprojekte in Entwicklungsregionen kozufinanzieren. Nach Hannah Edinger sind mindestens 15 Billionen Dollar zur Finanzierung solcher Projekte notwendig, vor allem in Indien und Südafrika.

Bei einem kürzlichen Pressebriefung schätzte Lynette Chen, CEO bei der Partnership of Africa’s Development Business Foundation, dass es gegenwärtig ein 480-Mrd.-Dollar-Defizit bei der Finanzierung von Infrastruktur in Afrika gibt, das die neue BRICS-Bank mit beheben sollte. „Die BRICS-Entwicklungsbank sollte zum privilegierten Kreditgeber Afrikas werden“, sagt Chen.

Nach Edinger sind andere Finanzierungsbereiche u.a. grüne Technologieprojekte, Staudämme und Atomkraftwerke für Afrika. „Doch auf den afrikanischen Kontinent wird nur ein geringerer Finanzierungsanteil der BRICS-Bank entfallen. Und während es einen gewissen Spielraum für die Finanzierung umweltfreundlicher Projekte in Afrika geben wird, wird dies für die neue Bank keinen Vorrang haben.“ Projekte mit dem Schwerpunkt nachhaltige Entwicklung und Klimawandel werden Teil eines besonderen Mixes sein, bei dem größere und grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte, wie Transport und Energiewesen, die die regionale Integration und den Aufbau regionaler Märkte vorantreiben, im Mittelpunkt stehen werden.

* Ökonomisch-institutionelle Untermauerung der BRICS-Allianz

Während der bevorstehende BRICS-Gipfel in Durban der erste auf afrikanischem Boden sein wird, wurde im offiziellen Vorbereitungsprozess eine Reihe von Treffen in verschiedenen Ländern abgehalten, um sicherzustellen, dass der politische Klub der BRICS ein ernstzunehmendes ökonomisches Rückgrat erhält. Zungu sagt vorher, dass die neue Bank den Kooperationsgeist der BRICS stärken werde, indem sie ihm eine greifbare institutionelle Fundierung gibt.

Auch Edinger meint, dass die Errichtung der BRICS-Entwicklungsbank ein wichtiger Meilenstein für die Gruppe der BRICS sein wird, da sie ihre Glaubwürdigkeit erhöht und als erste Institution, die dieser Klub hervorbringt, Substanz und Ownership zum BRICS-Konzept hinzufügt. Zwar existieren eine Anzahl von Arbeitsgruppen und Foren als Teil des BRICS-Mechanismus, die Errichtung der Bank würde aber signalisieren, dass man sich davon weg bewegt, lediglich ein politisches Diskussionsforum zu sein, das Vorschläge zur Reform des internationalen Finanzsystems macht, und darüber hinaus ein Instrument schafft, das den Interessen der aufstrebenden Märkte der BRICS ebenso entspricht wie den Interessen des Globalen Südens in einem umfassenderen Sinne.

Experten bei der südafrikanischen Standard Bank glauben, dass die BRICS-Entwicklungsbank anfangs ein Grundkapital von 50 Mrd. Dollar aufweisen wird, wobei je 10 Mrd. Dollar von den fünf BRICS-Mitgliedsstaaten kommen. Nach Chen wird die Bank auch eine Art Versicherung für private Finanziers bereitstellen. Auch aus ihrer Sicht werden viele Infrastrukturprojekte in Afrika grenzüberschreitend sein und – wenn man so will – „Entwicklungskorridore“ öffnen.

Jeremy Stevens, ein Ökonom der südafrikanischen Standard Bank, der gegenwärtig in China sitzt, sagt, dass der Durban-Gipfel mehr Klarheit über das Konzept der BRICS-Bank bringen wird. „Die Hauptaufgabe der Bank wird sein, Entwicklung in eine Richtung zu steuern, die die Prioritäten und Kompetenzen der BRICS widerspiegeln. Deshalb wird sie sich auf Infrastrukturentwicklung und die Bereitstellung von Expertise bei der Projektvorbereitung konzentrieren – etwa über Machbarkeitsstudien. Später wird eine Arbeitsgruppe technische Maßstäbe und Governance-Strukturen entwickeln.“

Die BRICS-Entwicklungsbank wird eine institutionelle Fundierung für die Gruppe bereitstellen, indem sie „einen konstruktiven Beitrag zur Entwicklung robusterer und interdependenter Beziehungen zwischen den BRICS-Mitgliedern leistet“, sagt Stevens. Er sagt voraus, dass die Reichweite der Aktivitäten der Bank anfangs begrenzt sein könnte, dann aber mit der Zeit wachsen wird. Zugleich versichert er, dass an eine Rivalität zu bestehenden Institutionen der Entwicklungsfinanzierung nicht gedacht ist, wohl aber daran, deren Finanzierung zu ergänzen.

* Sitz Shanghai als Symbol

China ist das wirtschaftlich stärkste BRICS-Mitglied und wird voraussichtlich darauf drängen, dass der Sitz der neuen BRICS-Entwicklungsbank Shanghai sein wird und ihre Operationen in chinesischer Währung, dem Yuan, abgewickelt werden. „Im Rahmen seines Entwicklungsprozesses muss China seine Finanzmärkte weiter entwickeln“, sagt John Cairns, Währungsstrategie bei der südafrikanischen Rand Merchant Bank. Dazu gehört ein stärkerer und flexiblerer, marktbestimmter Wechselkurs. Andererseits ist es nötig, dass die Währung wie alle anderen Währungen gehandelt werden kann und daher internationalisiert wird.

„Chinas Behörden hoffen, dass die Währung so stark wie ihre Ökonomie sein wird, damit lokale (chinesische) Unternehmen und Investoren Zugang zu Krediten in ihrer eigenen Währung bekommen.“ Der Fortschritt dahin war „langsam, aber ununterbrochen“, doch Cairns ist nicht überzeugt, dass Chinas Vorteile aus dem Umstand, dass die BRICS-Entwicklungsbank in chinesischer Währung rechnet, viel mehr als symbolischer Natur sind. „Ich bin nicht sicher, dass das sehr viel bedeutet“, sagt er. Und: „Das wäre nur die Währung, in der denominiert wird – in der Praxis müsste der Yuan in Dollars oder eine andere internationale Währung konvertiert werden, wenn es zu Transaktionen mit dritten Parteien kommt.“

© IPS

Veröffentlicht: 20.3.2013

Empfohlene Zitierweise:
John Fraser, Ein neuer Baustein in der Front der BRICS. Die Entwicklungsbank des Südens, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung (W&E), Luxemburg, 20. März 2013 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)

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