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Eigenverantwortung und politischer Gestaltungsraum

Artikel-Nr.: DE20080721-Art.-21-2008

Eigenverantwortung und politischer Gestaltungsraum

SiebenThesen zur Pariser Erklärung

Vorab im Web - Im kommenden September findet in Accra/Ghana ein Hochrangiges Forum zur Umsetzung der Pariser Erklärung über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit statt. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage nach Eigenverantwortung („ownership“) und politischem Gestaltungsspielraum („policy space“) der Entwicklungsländer durch die Konferenzvorbereitung. Eine Kritik der Pariser Erklärung in sieben Thesen von Claudia von Braunmühl .
1. Die Erklärung von Paris vom März 2005 über die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit setzt an erste Stelle die Eigenverantwortung („ownership“) der Partnerländer, unmittelbar gefolgt von der Partnerausrichtung („alignment“) der Geber.

Im Wortlaut heißt es dort: „Die Partnerländer übernehmen eine wirksame Führungsrolle bei ihren Entwicklungspolitiken und –strategien und koordinieren die entwicklungspolitischen Maßnahmen.“ Und zur Partnerausrichtung: „Die Geber gründen ihre gesamte Unterstützung auf die nationalen Entwicklungsstrategien, -institutionen und –verfahren der Partnerländer.“

Seitdem sind umfangreiche Aktivitäten im Gang, an denen die Schweiz (s. Hinweis) wesentlichen Anteil hat, die der Überprüfung und Verbesserung von Modalitäten und Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit dienen. Im September dieses Jahres soll in Accra/Ghana auf der Basis der bisherigen Erfahrungen eine „Accra Action Agenda“ verabschiedet werden.

2. Eigenverantwortung steht in doppelter Rechenschaftspflicht gegenüber der eigenen Bevölkerung und gegenüber der Gebergemeinschaft.

Eigenverantwortung enthält also drei Dimensionen:
* die Bestimmung der entwicklungspolitischen Grundlinien;
* den Modus ihrer Umsetzung;
* die Koordination der Geber.

Nicht zuletzt im Sinne auch der gleichermaßen von den Gebern unterstrichenen entwicklungsnotwendigen Anforderungen an good governance, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kann jede dieser Dimensionen schwerlich eine Angelegenheit nur der Regierungen sein kann. Eigenverantwortung muss demokratisch strukturiert sein und mithin auf breiter Bürgerbeteiligung bei der Formulierung und Umsetzung von Politiken und Programmen beruhen. M. a. W. Regierungsentscheidungen und Regierungshandeln müssen sich in demokratisch legitimierten Mechanismen vollziehen und der Rechenschaftspflicht gegenüber Parlament und Wählerschaft unterliegen. Keinesfalls darf sichdie externe Rechenschaftspflicht vor die interne schieben.

3. Die Eigenverantwortung der Partnerländer wird in vielfältiger Weise von außen eingeschränkt.

Wirkliche Eigenverantwortung verlangt Selbstbestimmung in der Ausgestaltung des Entwicklungsweges, im Rahmen der von allen UN-Mitgliedsstaaten eingegangenen menschen- und völkerrechtlichen Verpflichtungen, versteht sich. Dem indes stehen vielfältige Wirkmächte entgegen. Von ihnen seien hier nur die wesentlichsten aufgezählt:

(1) Internationale, im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO angesiedelte Vertragswerke, wie TRIPs (Trade Related International Property Rights), das im internationalen Handel Rechte auf geistiges Eigentum schützt, TRIMs (Trade Related Investment Measures), das internationale Investitionsrechte regelt, GATS (General Agreement in Trade in Services), in dem es um die Regelung von Handel mit Dienstleistungen geht, bzw. deren faktische Auslegung und Umsetzung. Zudem werden zunehmend bilaterale Verträge abgeschlossen, die z. T. weit über den Regelungsrahmen der WTO hinausgehen. Generell lässt sich sagen, dass die Entwicklungsländer in den letzten 15 bis 20 Jahren in allen den internationalen Handel berührenden Fragen dem Liberalisierungsdruck eben der Länder ausgesetzt sind, die zugleich ihre „Geber“ sind.

(2) Als wesentlicher Pfeiler der Wahrnehmung von Eigenverantwortung und vorrangiger Indikator von ownership nennt die Pariser Erklärung die Armutsstrategiepapiere. Diesen Papieren vorausgehend oder sie begleitend werden Kreditabkommen mit dem mit dem Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) im Rahmen der Poverty Reduction and Growth Facility (PRGF) bzw. mit der Weltbank die Poverty Reduction Support Credits (PRSC) geschlossen. Alle Evaluierungen belegen, dass diese Abkommen nach wie vor die uniformen makroökonomischen Vorgaben der herkömmlichen Strukturanpassungspolitik und sehr häufig erkennbar interessengesteuerte detaillierte Privatisierungsauflagen enthalten. Das Versprechen größerer Flexibilität hat sich bislang nicht materialisiert. Noch, auch das ist vielfach belegt, sind die Prozesse der Erarbeitung der Armutsstrategiepapiere selber, sowohl was Parlamente als auch Organisationen der Zivilgesellschaft betrifft, hinreichend partizipativ gestaltet. Die zentralen Steuerungspapiere – letter of intent, letter of development policy – unterliegen keiner parlamentarischen Debatte und Kontrolle. (Angesichts der Tatsache, dass Wahlen als das Herzstück von Demokratisierung gelten, ist das ein besonders absurder Widerspruch – oder aber ein Kommentar zur Ernsthaftigkeit parlamentarischer Repräsentanz seitens aller Beteiligten.)

(3) In Budgethilfe sehen maßgebliche Organisationen – von OECD bis UNDP – erhebliches Potenzial, den haushaltspolitischen Gestaltungsspielraum der Empfängerländer zu erweitern und ihre Eigenverantwortlichkeit zu stärken. Derzeit liegt laut Angaben der OECD der Anteil der Budgethilfe bei ca. 20%. UNDP fordert in seinem Bericht zur menschlichen Entwicklung von 2005, ihn bis 2010 auf 70% zu erhöhen. Von Budgethilfe wird erwartet, dass sie

* sich dem nationalen Haushaltsprozess und den im Haushalt zum Ausdruck kommenden Zielen, Strategien und Verfahrensweisen unterwirft;
* parallele Projektstrukturen, deren attraktive Ausstattung und relativ kurzer Dienstweg zu bilateralen Instanzen die eigentlich zuständigen nationalen Administrationen aushöhlt und an den Rand drängt, vermeidet;
* Transaktionskosten reduziert und Hilfe längerfristig berechenbar und verlässlich macht.

Seitens der Geberorganisationen ist die Budgethilfe an Voraussetzungen gebunden:
* Die Empfängerstaaten von Budgethilfe sollen eine positive Leistungsbilanz hinsichtlich ihrer institutionellen Kapazitäten, ihrer Reformpolitik und Entwicklungsorientierung, einschließlich einer effektiven Fokussierung auf die Millenniums Entwicklungsziele aufweisen.
* Budgethilfe bedarf einer die Grundrichtung festhaltenden, Indikatoren-bewehrten Rahmenvereinbarung (Performance Assessment Framework), und sie soll von einem fortlaufenden, unter den Gebern abgestimmten (harmonisation) Dialogprozess über die faktische Regierungspolitik und die im Einzelnen im Budget gesetzten Prioritäten begleitet sein.

Aber: Verschiedene Evaluierungen der letzten Jahre kommen zu dem Ergebnis, dass die Rahmenvereinbarungen faktisch eine weitgehend unkoordinierte Ansammlung von Geber-Konditionen darstellen, die im sog. Politikdialog ohne Beteiligung von Parlamenten und zivilgesellschaftlichen Organisationen der Partnerländer formuliert werden. Primärer Indikator ist in der Regel die volle Erfüllung der von IWF und Weltbank gesetzten und von ihnen gemonitorten Konditionalitäten. Budgethilfe trägt in der derzeit praktizierten Form mithin dazu bei, die Rechenschaftspflicht der Regierung von der eigenen Gesellschaft weg auf die Geber zu lenken. Auch hier ist der Einfluss von Zivilgesellschaft und Parlamenten sehr gering. Sie sind nach wie vor nicht informiert über und eingebunden in Geber-Nehmer-Politikdialoge.

(4) Die InhaberInnen leitender Regierungsfunktionen – das gilt insbesondere für Sub-Sahara Afrika – sind direkt von Weltwährungsfonds und Weltbank entsandt, unter deren intensiver Mitwirkung für Posten wie Führung der Zentralbank, Finanz- oder Planungsminister benannt oder haben jahrelang bei ihnen gearbeitet. Sie erweisen sich als besonders empfänglich für die externen Politik- und Ordnungsvorgaben. Deren Umsetzung in nationale Regelwerke wird sehr häufig im Wege Technischer Assistenz von internationalen Consultings bewerkstelligt, die sich auf vielfältige Weise den internationalen Finanzierungsinstitutionen verpflichtet fühlen.

(5) Akteure von Direktinvestitionen drängen ihrerseits auf die Umsetzung von Liberalisierung im Bereich von Handel, Währung und Finanzen, Industrie und Dienstleistungen, auf die Einrichtung von Sonderproduktionszonen mit ihren großzügigen Regelungen in Sachen Gewinntransfer und Steuerbefreiung und ihrer repressiven Handhabung von Arbeitnehmerrechten, einschließlich das Recht zur gewerkschaftlichen Vertretung u.ä..

In summa, die von den Partnerländern verfolgten Politiken sind in großen Zügen weder selbstbestimmt, noch wirken sie den Dynamiken von Armutsproduktion entgegen.

4. Es ist nicht gesichert, dass die von den Regierungen der Partnerländer verfolgten Politiken den Interessen der armen Bevölkerung dienen und Prozesse demokratischer Rechenschaftslegung durchlaufen.

Unter para 3, Abs. iii postuliert die Pariser Erklärung die „Erhöhung der Rechenschaftspflicht von Gebern und Partnerländern gegenüber ihren jeweiligen Bürgern und Parlamenten im Hinblick auf ihre Entwicklungspolitiken, -strategien und –ergebnisse“. Damit bekräftigt sie für die Partnerländer die Forderung nach „transparenter, verantwortlicher, rechenschaftspflichtiger und partizipativer Regierung“, also nach good governance, wie sie seit 1989 von der Weltbank bis zur UN-Menschenrechtskommission erhoben wird. Der Referenzrahmen für gute Regierungsführung sind die internationalen Konventionen und Standards, welche die Regierungen in aller Regel unterzeichnet und formell anerkannt haben.

Die internationale Gebergemeinschaft hat seit langem anerkannt, dass Armut und soziale Ungerechtigkeit vor allem eine Folge extrem ungleicher Zugänge zu politischer Entscheidungsgewalt sind. Auf diesem Hintergrund hat sie sich vom sog. bedarfsbasierten (needs-based) Ansatz zu einem rechtsbasierten (rights-based) zubewegt. Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf Bedingungen, die ihre persönliche Lebensentfaltung ermöglichen und begünstigen und sie müssen dieses auf den Menschenrechten basierende Recht auch einfordern können. Es bedarf tiefgreifender Strukturreformen, um politische und sozio-ökonomische Asymmetrien abzubauen und eine demokratisch legitimierte (domestic accountability) und armutsorienierte Wahrnehmung von Eigenverantwortung zu erreichen.

5. Die Partnerländer brauchen den politischen Gestaltungsraum, der es ihnen ermöglicht, ihre nach innen und nach außen gerichteten Politiken am demokratisch ermittelten Gemeinwohl der Bevölkerung zu orientieren.
Aus der Entwicklungssoziologie ist der Begriff Glokalisierung in die öffentliche Debatte eingegangen. Er will deutlich zu machen, dass die Globalisierung sich in der Vielfalt lokaler Kontexte und ihrer Lebenswelten sehr unterschiedlich auswirkt. Dieser Vielfalt und den aus ihr resultierenden verschiedenartigen Bedarfslagen kann eine einheitliche Blaupause nicht gerecht werden. Auf dem Hintergrund der katastrophalen sozialen Folgen des Einheitsrezepts der Strukturanpassung und unter dem weiterhin auf sie ausgeübten Druck in Richtung Liberalisierung und Privatisierung haben die Entwicklungsländer seit Beginn der Doha-Entwicklungsrunde 2001 den politischen Gestaltungsraum (policy space) für eine ihren spezifischen Entwicklungsbedingungen angemessene Politik gefordert. Die Forderung gründet sich auf
* das der UN-Charta zugrunde liegende Recht auf die Gleichheit souveräner Staaten;
* das Recht auf Entwicklung;
* und das in der Doha-Erklärung festgehaltene Recht auf special and differential treatment, also das Recht auf eine den Besonderheiten ihrer Lage gerecht werdenden Behandlung in internationalen Verträgen.

Bezugspunkt von politischer Gestaltung und Rechenschaftspflicht sind Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung. Unter den je spezifischen Bedingungen von Topographie, Klima, Stand von Bildung und technologischer Ausstattung, historischen Erblasten, wie Monokulturen und hochgradig ungleichen Gesellschafts- wie Geschlechterverhältnissen etc., sind Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung nur zu sichern mit Hilfe von differenzierten Politiken, wie z.B.
* öffentliche Investitionen ggfs. auch Subventionen in Bereich der Grundversorgung;
* Schutz lokaler ProduzentInnen in Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungssektor;
* einer aktiven Politik der Ressourcenmobilisierung (Steuersystem);
* Schaffung einheimischer Beschäftigungsmöglichkeiten.

Policy space meint also die Freiheit, auf dem Weg zu Armutsbekämpfung und nachhaltiger Entwicklung eigene Entwicklungsstrategien auszuarbeiten. Nur wenn diese Freiheit gegeben ist, macht die in der Pariser Erklärung festgelegte demokratische Rechenschaftspflicht von Regierungen gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung überhaupt Sinn. Dabei ist zu bedenken: Der effektive politische Handlungsspielraum einer Regierung ist das Ergebnis der Interaktion externer und interner politischer Kräfte.

6. Internationale Regelwerke, multi- und bilaterale Selbstverpflichtungen sowie nicht zuletzt die für die Schweiz gültigen strategischen Vorgaben enthalten un- und untergenutzte Anknüpfungspunkte für größeren Handlungsspielraum der Partnerländer.

Das Welthandelsabkommen selber lässt special and differential treatment, also den besonderen Belangen von Entwicklungsländern entgegenkommende Regelungen zu. Das Gleiche trifft auf die Sektorabkommen zu. TRIPS wie GATS geben der Möglichkeit Raum, spezifische Bedarfslagen (z. B. Medikamentenversorgung im TRIPS) bzw. staatliche Gemeinwohlverpflichtungen (GATS) geltend zu machen, die ein Aussetzen der in den Abkommen angelegten Liberalisierungsverpflichtung ermöglichen. Hier lässt der Rahmen der Welthandelsorganisation übrigens viel mehr Spielraum als die immer häufiger abgeschlossenen bilateralen Abkommen.

Multilaterale wie bilaterale Organisationen – von der OECD über die Vereinten Nationen bis zu den einzelstaatlichen Gebern – haben sich in unzähligen Texten, die grundlegendes Verständnis, strategische Orientierungen und Verfahrensweisen festlegen, zu Achtung und Förderung nationaler Entscheidungs- und Verantwortungsräume bekannt. Hier ist insbesondere auch an Bereiche zu denken wie Förderung von Demokratie und Gleichberechtigung von Frauen und Männern, good governance, Korruptionsbekämpfung, Themen also, die nur eine Chance auf nachhaltig tragfähige Lösungen haben, wenn sie in soziale Lebenswelten in all ihrer Vielfalt eingebettet sind.

Schließlich hat sich auch die Schweiz zur Anerkennung autonomer Entwicklungsentscheidungen verpflichtet. So heißt es z.B. in der im Jahr 2000 verabschiedeten Strategie 2010 der DEZA (staatliche Schweizer Entwicklungsbehörde) unter „Ziele“:
„1. Die Länder des Südens und Ostens haben Anspruch auf Autonomie und Chancengleichheit. Die DEZA setzt sich dafür ein, dass diese ihre Zukunft eigenständig gestalten können.
2. Für eine eigenständige Entwicklung sind günstige Rahmenbedingungen unabdingbar...“
und unter „Stoßrichtungen“: „eine lokal verwurzelte Entwicklung ist zentrales Anliegen der DEZA“.

7. Entwicklungszusammenarbeit muss auf demokratisch legitimierte Eigenverantwortung hinwirken und die Eröffnung entwicklungsadäquater Gestaltungsräume ermöglichen.

Wenn also die Daten zeigen, dass Wachstum als solches nicht Armutsbekämpfung sichert, sondern die Minderprivilegierten und Ausgeschlossenen gerechtere Wachstumsprozesse und –ergebnisse erkämpfen müssen, dann ist es Aufgabe von Entwicklungszusammenarbeit, in dieser Auseinandersetzung in einer Weise wirksam zu sein, die praktischen Bedürfnissen gerecht wird und zugleich dem strategischen Interesse weniger asymmetrischer Verhältnisse auf nationaler wie internationaler Ebene Genüge tut.

M.a.W. Eigenverantwortung (ownership), wenn sie stabil und nachhaltig sein soll, darf nicht als Aneignung und technischer Vollzug externer Vorgaben verstanden werden, sondern muss auf in spezifischen Kontexten demokratisch ermittelten und kontrollierte Politiken aufruhen. Entwicklungszusammenarbeit, die auf demokratisch legitimierte Eigenverantwortung hinwirken will, wird auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen:

* Sie muss so strukturiert sein, dass sie die Menschen in den Partnerländern, Männer und Frauen, befähigt, im friedlichen Konfliktaustrag für ihre sozialen und politischen Rechte einzustehen und sie auszufüllen (claim making). Dazu gehört auch die Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen.

* Sie wird die Anspruchsempfindlichkeit (responsiveness) der politischen Systeme der Partnerländer – Regierungsapparat, Parlament, Justiz, Rechungshof – in einer Weise stärken, die demokratische Formen der Machtausübung und soziale Inklusion festigt. Hier ist vor allem das Instrument der Technischen Hilfe gefordert, auf die notwendige Transparenz und Rechenschaftspflicht gegenüber den BürgerInnen hinzuwirken, wie auf die Sicherung entwicklungsförderlicher Gestaltungsräume in internationalen Abkommen und nationalen Gesetzen.

* Während Eigenverantwortung und Politikkonditionalitäten weitgehend unvereinbar sind, trifft dies auf Prozesskonditionalitäten nicht zu. Auf Transparenz und Rechnungslegung zielende, von entsprechender Förderung begleitete Bedingungen dienen gleichermaßen der umfassenden Beteiligung von Parlament und Zivilgesellschaft wie der den Gebern zustehenden Kontrolle.

* Auf die entwicklungsfreundliche Kohärenz von wesentlichen Rahmenbedingungen (Finanzmärkte, Klimapolitik, Investitionen etc.) hat Entwicklungszusammenarbeit als solche nur bedingt Einfluss. Umso mehr ist es ihre Pflicht, in entwicklungspolitischer Anwaltschaft (advocacy) aus der Komplexität ihrer Aktivitäten und Erfahrungen heraus couragiert auf nachteilige Auswirkungen hinzuweisen und im politischen Raum auf Veränderungen zu dringen.

* In diesem Sinne muss sie sich bei den „Gebern“ wie bei ihrer eigenen Regierung für die Akzeptanz von lokalen, regionalen und nationalen Problem- und Bedarfslagen entsprechenden Entwicklungslösungen einsetzen.

Dr. Claudia von Braunmühl ist Honorarprofessorin an der FU Berlin. Ihre Thesen trug sie in Kurzform bei einer Anhörung der Außenpolitischen Kommission des Schweizer Ständerats zur Entwicklungszusammenarbeit am 19. Juni 2008 vor.

Veröffentlicht: 21.7.2008

Empfohlene Zitierweise: Claudia von Braunmühl, Eigenverantwortung und politischer Gestaltungsraum. SiebenThesen zur Pariser Erklärung, in: Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung, W&E-Hintergrund August, Luxemburg 2008 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)